E-Scooter – Innovation oder Müll auf Rädern?
E-Scooter – Innovation oder Müll auf Rädern?
Vor fünf Jahren tauchten die ersten Leih-Scooter in meiner Stadt auf. Heute stehen sie an fast jeder Ecke – oder liegen quer davor. Für viele sind sie die *hippe* Antwort auf urbane Mobilität, für mich als Straßenbahnfahrer oft einfach nur ein weiteres Hindernis zwischen 30 Tonnen Stahl und meinem Fahrplan. Zeit für eine Bestandsaufnahme zwischen Innovation und Irrsinn.
1 | Die spektakulärsten (und dümmsten) Scooter-Momente
Situation | Was wirklich passierte | Mein Puls |
---|---|---|
-- | -- | |
„Ich husch noch schnell rüber“ | Fahrer*in rauscht Sekunden vor der Bahn über die Gleise; ich stehe auf der Bremse. | 180 bpm |
Selfie-Cruise | Teenager filmt sich, steuert Scooter mit *einer* Hand und kippt beim Spurwechsel fast um. | 160 bpm |
Double-Trouble | Zwei Personen auf einem Scooter, beide ohne Helm, schlängeln sich zwischen Autos durch – direkt vor meine Bahn. | 155 bpm |
Fast-&-Curious | Fahrer springt vom Gehweg auf die Straße, bremst, schaut aufs Handy, fährt weiter – alles in drei Sekunden. | 150 bpm |
2 | Blockierte Gleise & Stolperfallen
- Abgestellt am Gleisrand
- Schmale Haltestellen
- Nachtaktionen
3 | Regeln? Ach, die sind doch nur Deko …
- Fahren auf Gehwegen: Alltag, obwohl klar verboten.
- Rote Ampeln: Werden als Empfehlung gelesen.
- Helmpflicht? Existiert nicht – weder gesetzlich noch im Kopf.
- Mehrfach-Besatzung: Zwei, manchmal drei Personen auf einem Board.
„Scooter-Fahrer verhalten sich ungefähr so vorbildlich wie Fahrräder im Mario-Kart-Modus.“
4 | Bereicherung oder Belastung?
Pro | Contra |
---|---|
schnelle „letzte Meile“ ohne Auto | fehlende Fahrdisziplin |
weniger Parkplatzsuche | blockierte Gehwege/Gleise |
0 g CO₂ beim Fahren | CO₂-Last bei Produktion & Logistik |
Spaß-Faktor | Unfall- & Verletzungsrisiko |
Ich sehe sie als potenziell sinnvolle Ergänzung, *wenn* …
- Feste Abstellzonen wirklich durchgesetzt werden.
- Betreiber Wartung & Tausch-Logistik transparent machen.
- Städte klare Regeln kontrollieren – *und* sanktionieren.
5 | Die Sache mit der Umweltbilanz
- Herstellung & Akku: Laut Studie der North Carolina State University entstehen pro Leih-Scooter etwa 105 kg CO₂, bevor er einen Meter fährt [1].
- Lebensdauer: Anfangs hielten Leih-Scooter im Schnitt unter 30 Tage [2]; neuere Modelle kommen dank Wechsel-Akkus & robuster Rahmen auf rund 24 Monate [3].
- Nutzung: Wird ein Scooter *wirklich* oft anstelle des Autos genutzt, kann sich die Bilanz verbessern. Wer ihn aber nur ersetzt, zu Fuß zu gehen, verschiebt Emissionen statt sie zu vermeiden.
6 | Lösen sie Verkehrsprobleme … oder schaffen sie neue?
Lösung:- Entlasten punktuell dichte Innenstadt-Parkplätze.
- Bieten spontane Flexibilität ohne eigenen PKW.
- Mehr Konflikte zwischen schwachen und starken Verkehrsteilnehmern.
- Sanfte „Verdrängung“ von Fußgängern auf den Randstreifen.
- Zusätzliche Einsatzfahrten (Sammel-Transporter) für das Umverteilen der Scooter.
7 | Mein persönliches Urteil
E-Scooter sind weder Heilsbringer noch purer Schrott. Sie sind ein Werkzeug – und wie jedes Werkzeug hängt ihr Wert davon ab, wie verantwortungsvoll wir damit umgehen.
- Fahrer-Seite: Helm auf, Regeln einhalten, nicht quer abstellen.
- Betreiber-Seite: Robuste Geräte, faire Tarife, echte Wartung, Datentransparenz.
- Stadt-Seite: Klare Zonen, konsequente Kontrolle, empfindliche Knöllchen.
E-Scooter können die letzte Meile retten.
Oder die Nerven aller anderen ruinieren.
Deine Entscheidung.
[1] Hollingsworth, J. et al.: “Are e-Scooters Green?” North Carolina State University (2019). [2] Portland Bureau of Transportation: Pilot Report on Shared E-Scooters (2019). [3] Fraunhofer ISI / TIER Mobility: Lebenszyklus-Analyse neuer Leih-Scooter-Generationen (2023).